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Heute: Datennutzungs-Verträge

Bildlich gesprochen sind Datennutzungs-Verträge juristische Bohrinseln, mit deren Hilfe sich das 'Öl des 21. Jahrhunderts' einigermaßen rechtsicher gewinnen und weitervermarkten lässt. Der Teufel steckt aber im Detail: So wie Bohrinseln aufgrund geologischer Gegebenheiten nie identisch sind, müssen auch Datennutzungs-Verträge stets an die lokalen Rohdatenvorkommen angepasst werden. Sonst drohen erhebliche Fehlschlag-Risiken.

Bild: Noerr LLPBild: Noerr LLP

Den deutschen Industrieakteuren wird zunehmend bewusst, dass unter ihnen ein wahrer Schatz schlummert: ihre Maschinendaten. Deren sensorische Erfassung verspricht hohe Optimierungspotentiale, etwa durch Predictive Maintenance.

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Allerdings lassen sich Ihre Maschinendaten in hochvernetzten Industrie 4.0-Produktionsanlagen nicht immer geheim halten - im schlimmsten Fall breitet sich der digitale Ölteppich völlig ungehindert aus. Und jeder kann das Öl dann ungestraft abgreifen: Denn derzeit kennt die Rechtsordnung (noch) kein 'Dateneigentum', weder hier in Deutschland noch irgendwo im EU-Recht. Daher wird die momentane Goldgräberstimmung der wachsenden Datenwirtschaft von einer zentralen Frage dominiert: Wie lässt sich der eigene Anteil an der BigData-Wertschöpfung rechtlich absichern? Sonst sind ja Ihre kaufmännischen Investments juristisch schutzlos gegenüber Datenkopierung und Daten-'Klau'?

Die klare Antwort des Juristen: Mit klugen Datennutzungs-Verträgen. Hierbei regeln die industriellen Beteiligten einer Liefer- oder Produktionskette (z.B. die Roboterhersteller-GmbH und die Anlagenbetreiber-AG), wer genau welche Maschinen- und Prozessdaten für welche exakten Zwecke detektieren, analysieren und verwerten darf. Was also das Recht bisher nicht durch Gesetze reguliert hat, reguliert dann die Wirtschaft untereinander auf Vertragsebene.

Um aber die Vorfreude etwas zu schmälern: Datennutzungs-Verträge in laufende Geschäftsbeziehungen einzuführen, ist in vielerlei Hinsicht recht komplex. Denn zuerst muss das allgemeine Spannungsverhältnis zwischen gewollter Vertraulichkeit und gewollter Datenweitergabe clever aufgelöst werden. Einerseits sind Unternehmen oft gut beraten, ihre bisherigen Vertraulichkeitsvereinbarungen umzuschreiben, um bei der kaufmännischen Veredelung ihrer Maschinendaten nicht mit angezogener Handbremse zu fahren. Auf der anderen Seite kann ein völlig ungebremster Datenverkehr den eigenen Know-How-Schutz drastisch untergraben, z.B. wenn der Datenempfänger aus Maschinendaten wichtige Betriebsgeheimnisse herleiten kann. Jeder Datennutzungs-Vertrag sollte deshalb ein interessengerechtes Exit-Szenario vorsehen, das auch den Verbleib bisheriger Analyseergebnisse klärt. Stichwort: Löschungspflichten bei Vertragsende.

Ein extensiver Einblick in Maschinen- und Prozessdaten kann zudem zu Marktmacht und Wettbewerbsproblemen führen. Die kartellrechtlichen Wettbewerbsbehörden verfolgen deshalb sehr aufmerksam, ob und wie BigData missbräuchliche Preisgestaltung begünstigt. Und auch die Datenschutzbehörden sehen genau hin: Wenn Maschinen ihre Daten über konkret identifizierbare Arbeitnehmer preisgeben, ist der Datennutzungs-Vertrag unbedingt mit den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) abzustimmen, weil dann personenbezogene Daten im Raum stehen. Und das kann auch schnell den Betriebsrat mit Mitbestimmungsforderungen auf den Plan rufen!

Zuletzt noch ein Blick auf den Sonderfall der 'Datengenossenschaft'. Dabei liefern Maschinenbetreiber ihre einzelnen Datensätze in einer gemeinschaftlichen, großen 'Datenraffinerie' ab, um globale Datenanalysen zu ermöglichen. Doch Datenbeitrag ist nicht gleich Datenbeitrag! Hier bleibt mit Spannung zu erwarten, welche Allokationsform sich künftig zur Ausschüttung der gemeinschaftlich erwirtschafteten Werte durchsetzen wird.

Bis dahin verbleibe ich hochachtungsvoll

David Bomhard

Noerr LLP

Dieser Artikel erschien in ROBOTIK UND PRODUKTION 3 2018 - 12.06.18.
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