Drahtlose Technologie für smarte Gebäude
Warum Funk nicht gleich Funk ist
Für die Vernetzung und Automatisierung von smarten Gebäuden gibt es unterschiedliche Lösungen. Im Nebeneinander der Systeme stellt sich die Frage: Wie schneiden sie bei Leistungsfähigkeit, Reichweite und Sicherheit ab? Dr. Ralf Hinkel von Frogblue erklärt, welche Unterschiede es gibt und warum sein Unternehmen im Bereich der Gebäudeautomation auf den Bluetooth-Standard LE setzt.
In der Gebäudeautomation unterscheidet man kabelgebundene Bussysteme und Funk-Bussysteme: Für kabelgebundene Systeme stellt KNX einen etablierten Standard dar. Bei dieser Variante werden die Geräte über Kabel gesteuert und mit Energie versorgt. Kabel bringen dabei einen höheren Installationsaufwand mit sich, da im gesamten Gebäude Schlitze gezogen und alle Räume miteinander verkabelt werden müssen. Das ist besonders bei der Nachrüstung im Bestand aufwändig und teuer - und auch bei Neubauten entsteht ein hoher Aufwand. Zusätzlich zu den Anschaffungskosten für weitere Kabelbäume und UV-Verteiler werden Schaltschränke und IT-Technik benötigt. Ein Funk-Bussystem hingegen vereinfacht die Installation und senkt die Kosten von Smart-Home-Lösungen. Doch dabei ist Funk nicht gleich Funk.
WLAN
WLAN ist für die Übertragung von Daten etabliert und wirkt auf den ersten Blick wie eine einfache Lösung für das Smart Home. Trotzdem eignet es sich nur bedingt. WLAN ist gerade in Ballungsgebieten störanfällig, weil sich Frequenzbereiche überschneiden. Das beschränkt Reichweite und Stabilität. Zudem stellt WLAN keine Punkt-zu-Punkt Verbindung dar, sondern ein indirektes Server-Client-Netzwerk mit einem Access-Point. Das bedingt Verzögerungen und erfordert Administration. Bei Ausfall des Servers bzw. WLAN-Access-Points ruht das System.
Bluetooth
Bluetooth dagegen ist ein etablierter Industriestandard für die stabile, störfreie und sichere Verbindung von Geräten per Funktechnik. Das Verfahren benötigt keine Router, Switches und Server und ist dezentral organisiert. Dies ermöglicht schnelle Reaktionszeiten. Hinter dem Standard steht der Non-Profit-Fachverband Bluetooth SIG (Special Interest Group) mit 34.000 Mitgliedsunternehmen, die ihn kontinuierlich in Bezug auf Reichweite und Ausfallsicherheit weiterentwickeln. Zudem wurde eine neue Untergruppe für Smart Home gegründet, die sich auf zusätzliche Spezifikationen und Verbesserungen für Smart Home sowie verwandte Anwendungen fokussieren. Bluetooth LE (Low Energy) steht für einen besonders stromsparenden Betrieb und unterstützt im Smart Home längere Betriebszeiten von Geräten, die mit Akku oder Batterie arbeiten.
Drei Fragen an Dr. Ralf Hinkel
Wie ist es um die Reichweite von Bluetooth bestellt und wie können auch weit entfernte Gebäude miteinander vernetzt werden?
Hinkel: "Bei Bluetooth selbst ist die früher oft angesprochene mangelnde Reichweite kein Thema mehr. Im Freien beträgt die Reichweite bis zu 50m ohne Weiterleitung. Im Haus hängt sie vom Mauerwerk ab. Der Standard ist für die dezentrale Gebäudesteuerung mehr als ausreichend - vor allem in einem System wie unserem, in dem jeder Frogblue-Knoten gleichzeitig als Relaisstation funktioniert. Es gibt keine festen Wege, alles ist redundant, der schnellste Weg wird automatisch genutzt. Diese Art der Kommunikation, Nachrichtentelegramme frei von Knoten zu Knoten zu übertragen, nennt man Mesh-Netzwerk. Weiter voneinander entfernte Gebäude oder Gebäudeteile lassen sich über IT-Netzwerke ganz einfach verbinden. Ein Knoten mit Bluetooth und WLAN bildet die Brücke in die IT-Welt und das Internet. Unser FrogDisplay funktioniert z.B. über ein solches Knotenmodul. Darüber hinaus wird das Bluetooth-LE-Protokoll zur Datenübertragung stetig verbessert und in den nächsten Jahren noch leistungsfähiger und reichweitenstärker werden."
Wie ist es um die Störsicherheit von Bluetooth bestellt? Und wie sicher ist die Bluetooth-Vernetzung im Allgemeinen?
Hinkel: "Bluetooth LE nutzt ein hoch entwickeltes Protokoll zur Datenübertragung. Daher ist es kein klassisches Funksystem, sondern ein drahtloses System, das viel ausfallsicherer und weniger störanfällig ist. Diese Stabilität und Störsicherheit kann man auf Messen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln wie der S-Bahn gut beobachten: Auch wenn Hunderte von Personen mit Smartphones, eingeschaltetem Bluetooth und laufenden Kopfhörern umherlaufen, läuft die Übertragung via Bluetooth stabil. Dagegen fallen WLAN- und andere Funksysteme häufig aus oder sind praktisch nicht mehr nutzbar. Bluetooth ist von Hause aus sicher und ausreichend verschlüsselt. Trotzdem verschlüsseln wir alle Nachrichten zusätzlich mit 128Bit. Außerdem erhalten alle Nachrichtentelegramme einen sekundengenauen Zeitstempel, sodass ein Abfangen und erneutes Senden einer Nachricht ein ungültiges Datum erzeugt. Das Management dieser Zeitstempel aus GPS-Zeit und Echtzeituhren und die Gewährleistung der Integrität ist ein wesentliches Sicherheitsmerkmal unserer Lösung."
Wie steht es um den Energieverbrauch in der Gebäudeautomation? Wieso bietet sich Bluetooth LE hier besonders an?
Hinkel: "Bluetooth LE ist eine Technologie, die für geringen Energieverbrauch optimiert wurde. Eines unserer Frogblue-Module hat im Betrieb eine Leistungsaufnahme von einem Fünftel Watt. Wenn wir in einem Gebäude also 50 Module nutzen, sind wir gerade mal bei 10W. Eine KNX-Anlage läge hier bei 250 bis 500W. Das bedeutet konkrete Einsparungen bei den Energiekosten für die Anwender. Ein Smart Home mit Bluetooth LE würde in diesem Beispiel pro Jahr etwa 25? kosten, eine KNX-Anlage eher 650?. Durch Bluetooth LE halten dementsprechend auch batteriebetriebene Module wesentlich länger."
Für die Vernetzung und Automatisierung von smarten Gebäuden gibt es unterschiedliche Lösungen. Im Nebeneinander der Systeme stellt sich die Frage: Wie schneiden sie bei Leistungsfähigkeit, Reichweite und Sicherheit ab? Dr. Ralf Hinkel von Frogblue erklärt, welche Unterschiede es gibt und warum sein Unternehmen im Bereich der Gebäudeautomation auf den Bluetooth-Standard LE setzt.
In der Gebäudeautomation unterscheidet man kabelgebundene Bussysteme und Funk-Bussysteme: Für kabelgebundene Systeme stellt KNX einen etablierten Standard dar. Bei dieser Variante werden die Geräte über Kabel gesteuert und mit Energie versorgt. Kabel bringen dabei einen höheren Installationsaufwand mit sich, da im gesamten Gebäude Schlitze gezogen und alle Räume miteinander verkabelt werden müssen. Das ist besonders bei der Nachrüstung im Bestand aufwändig und teuer - und auch bei Neubauten entsteht ein hoher Aufwand. Zusätzlich zu den Anschaffungskosten für weitere Kabelbäume und UV-Verteiler werden Schaltschränke und IT-Technik benötigt. Ein Funk-Bussystem hingegen vereinfacht die Installation und senkt die Kosten von Smart-Home-Lösungen. Doch dabei ist Funk nicht gleich Funk.
frogblue AG
Dieser Artikel erschien in GEBÄUDEDIGITAL 2 (April) 2020 - 07.04.20.Für weitere Artikel besuchen Sie www.gebaeudedigital.de