Software-Projekte aus der Ferne
ERP-Rollout im Lockdown
Kurz nach dem Startschuss für den ERP-Rollout bei SkyCell kam der Lockdown. Persönliche Kontakte zwischen dem Schweizer Produzent und dem IT-Partner aus Berlin waren passé. Doch das Projekt lief remote weiter - mit erfolgreichem Abschluss und interessanten Erkenntnissen.
SkyCell ist auf den Lufttransport pharmazeutischer Produkte spezialisiert. Die Fracht ist meist anfällig für Erschütterung, Feuchtigkeit und Temperatur. Engmaschige Kontrollen reduzieren dabei die Transportrisiken. SkyCell produziert für diese Aufgabe besondere temperaturregulierte Luftfrachtcontainer, die über eine eigene proprietäre Software überwacht werden. Für Monitoring und Transportsimulationen wertet das Unternehmen aktuell einen Datenpool mit rund 850 Millionen Datenpunkten aus. Auch das globale Netzwerk an Service-Stationen mit Kühlräumen hat letztlich das Ziel, die Ausfallrate auf unter 0,1 Prozent und gleichzeitig die CO2-Emissionen um 50 Prozent zu reduzieren.
Die passende ERP-Lösung
Für den Transport von Pharmaprodukten gelten strenge Auflagen. Insbesondere Audits zur Nachverfolgbarkeit spielen dabei eine Rolle. Die Produktion von Luftfrachtcontainern hat dies zu berücksichtigen. "Da wir die Produktion weiter ausbauen, musste ein modernes und stabiles ERP-System her", umschreibt Dieter Leyendecker, ERP-Projektleiter bei SkyCell, die Ausgangslage. Zumal das Unternehmen mittelfristig sowohl mehr Container produzieren als auch Roboter zum Einsatz bringen möchte. Das ERP-System sollte daher auch komplexe Fertigungsprozesse gut unterstützen. "Wir wollten einen ERP-Anbieter, der auf Fertigungsprozesse spezialisiert ist, Erfahrungen aus einer hochroboterisierten Branche mitbringt und gute Lösungen für die Rückverfolgbarkeit bietet", erläutert Leyendecker. Der ERP- und MES-Anbieter PSI Automotive & Industry machte das Rennen. SkyCell entschied sich für das ERP-System PSIpenta des Berliner Unternehmens.
Erzwungener Remote-Modus
Die ERP-Einführung wurde angesetzt. Aber die erste Corona-Welle und die Lockdowns in Deutschland und der Schweiz machten dem einen Strich durch die Rechnung. Nur die Vertriebspräsentationen konnten noch wie gewöhnlich vor Ort stattfinden. Da SkyCell an der Einführung festhielt, musste eine neue Lösung gefunden werden. Im Projektmanagement war bereits ein Remote-Tool vorgesehen, so dass die Entscheidung fiel, dieses auszuweiten und den gesamten Prozess remote durchzuführen. Digitale Workshops wurden aufgezeichnet und gezielt eingesetzt. "Workshops direkt aufnehmen und später in passgenaue Schulungsvideos selbst zusammenstellen zu können, ist ein wirklicher Vorteil. Vor allem hat die Remote-Einführung aber auch zu einer höheren Aufmerksamkeit der Teilnehmer geführt", erklärt ERP-Projektleiter Leyendecker. Darüber hinaus schnitten die Verantwortlichen kleinere Szenen zu zentralen Funktionen zusammen. Diese abrufbaren Videos und die vom Anbieter gelieferten Folien bilden nun die Grundlage von Schulungen. "Für eine Gruppe bis circa zehn Personen halte ich diese Art der Einführung sogar für zielführender als die traditionelle Herangehensweise", resümiert Leyendecker seine Erfahrungen. Die Akzeptanz und Resonanz bei den Beteiligten gingen weit über die konventionellen Schulungen in großen Gruppen in einem Saal hinaus. "Ich konnte beobachten, dass die Hemmschwelle, Verständnisfragen zu stellen, niedriger ist als beispielsweise in einer Face-to-Face-Situation in einem Schulungsraum."
Überblick mit Standardsystem
Bisher existierten bei SkyCell vielfältige Programme, Tabellen und Tools, die das Unternehmen über die Jahre selbst entwickelt hatte. Diese wurden nun in integrierte ERP-Standardprozesse überführt. Komplexe Abläufe lassen sich dadurch besser überblicken. Die IT-Infrastruktur erhielt durch die Integration des ERP über die Schnittstellen proprietäre Transportsoftware und Finanzsystem eine neue Steuerung. "Um für den hohen Grad an Automatisierung und Roboterisierung gewappnet zu sein, wurde in den vergangenen Jahren eine sehr solide Basis aufgebaut und nun durch eine hocheffiziente Produktionssteuerung erweitert", fasst der ERP-Projektleiter das Ergebnis zusammen. Ein Beispiel ist der Isolationsprozess zur Konfigurierung von Containern. "Dieser Prozess strukturiert und unterstützt alle erforderlichen Bearbeitungsschritte der Isopet-Isolation", so Leyendecker. Hierfür müssen mehrere Lieferanten koordiniert werden. Ein Arbeitsplan hilft SkyCell dabei. Er verwaltet einerseits die verschiedenen Arbeitsschritte als externe Dienstleistungen. Andererseits lässt sich mit ihm ein Streckengeschäft des Materialflusses der Zulieferer erstellen. "Glücklicherweise können wir dabei auf Standardprozesse in PSIpenta zurückgreifen und so auch Nebenprozesse effizient strukturieren und dokumentieren", sagt der SkyCell-Beauftragte.
Gestaltbare Elemente
Ein weiterer Vorteil des neuen ERP-Systems liegt in der Möglichkeit, kleine Prozesse passgenau auf ihre Anwendung selbst zu programmieren. Herr Leyendecker meint dazu: "Für mich als IT-Fachmann ist auch die Programmieroption über Groovy Skript ein wichtiges Highlight." So lassen sich die Prozesse auch für die User individuell anpassen und intuitiv bedienen. PSIpenta 9.0 liefert über PSI-Click-Design zudem vielfältige Optionen, die Benutzeroberfläche anzupassen - ganz auf die individuellen Aufgabenbereiche und Bedürfnisse ausgerichtet. "Ich habe vorher lange mit einem System eines großen Anbieters gearbeitet. Die überfrachteten Bildschirme waren für jeden Anfänger ein Graus und haben eher für Frustration als für Effizienz gesorgt", weiß der IT-Fachmann. "Diese Passgenauigkeit trägt unheimlich zur Akzeptanz und damit zum Erfolg des Systems bei, zumal jeder Anwender seine Benutzeroberfläche selbst konfigurieren kann."
Ferngesteuert zum Erfolg
Ein erstes Resümee nach der ERP-Einführung fällt positiv aus. Die Unternehmensabläufe sind durchgängig abgebildet. Alle Prozesse weisen eine hohe Transparenz auf. Die Mitarbeiter sind mit den möglichen Funktionen der Fertigung vertraut. Trotz allen Umstellungen, die der weltweite Lockdown von den Mitarbeitern des Produzenten und des IT-Partners erforderte, ist SkyCell nun in der Lage, die Planung und Produktion der Luftfrachtcontainer durchgängig ERP-unterstützt zu organisieren.
Kurz nach dem Startschuss für den ERP-Rollout bei SkyCell kam der Lockdown. Persönliche Kontakte zwischen dem Schweizer Produzent und dem IT-Partner aus Berlin waren passé. Doch das Projekt lief remote weiter - mit erfolgreichem Abschluss und interessanten Erkenntnissen.
SkyCell ist auf den Lufttransport pharmazeutischer Produkte spezialisiert. Die Fracht ist meist anfällig für Erschütterung, Feuchtigkeit und Temperatur. Engmaschige Kontrollen reduzieren dabei die Transportrisiken. SkyCell produziert für diese Aufgabe besondere temperaturregulierte Luftfrachtcontainer, die über eine eigene proprietäre Software überwacht werden. Für Monitoring und Transportsimulationen wertet das Unternehmen aktuell einen Datenpool mit rund 850 Millionen Datenpunkten aus. Auch das globale Netzwerk an Service-Stationen mit Kühlräumen hat letztlich das Ziel, die Ausfallrate auf unter 0,1 Prozent und gleichzeitig die CO2-Emissionen um 50 Prozent zu reduzieren.
PSI Automotive & Industry GmbH
Dieser Artikel erschien in IT&Production 10 (Dezember) 2020 - 14.12.20.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com