Lernfabrik für automatisierungstechnische Nachwuchskräfte
Fit für Industrie 4.0
Eine im Unternehmensverbund realisierte Lehranlage soll die wesentlichen Merkmale und Ideen von Industrie 4.0 erlebbar machen. Dabei kommen auch zwei Industrieroboter mit unterschiedlichen Kinematiken zum Einsatz, die durch kompakte Bauweise, einfache Programmierung und Offenheit der Schnittstellen die Anforderungen von Schulumfeld und Industrie erfüllen. Ziel ist die Stärkung des lokalen Fachkräftemarktes durch eine möglichst praxisorientierte Ausbildung.
Seit rund einem Jahr verfügt die Reutlinger Ferdinand-von-Steinbeis-Schule über eine Lernfabrik. Dort wird ein Großteil der rund 2.300 Auszubildenden und Schüler mit digitalisierten Automatisierungsprozessen der modernen Industrie konfrontiert. Initiiert und wesentlich finanziert wurde dieser Lernort durch den Landkreis Reutlingen als Schulträger.
Losgröße 1 zum Anfassen
Die Anwendung stellt eine Produktionslinie für Modellautos dar, die aus vier Montagezellen besteht. Zelle 1 ist mit einem Mitsubishi-Electric-Roboter vom Typ RV-2F-1D1 ausgestattet. Der Sechsachser entnimmt zwei Achsen aus der Bauteilebereitstellung und bestückt den zugeführten Werkstückträger. In Zelle 2 greift eine Lineareinheit den Grundkörper und fügt ihn mit den Achsen zusammen. Zelle 3 beherbergt einen Vierachs-Scara RH-3FH5515, der den Motor ergänzt. In Zelle 4 schließlich prüft ein Kamerasystem, ob die Konfiguration korrekt ausgeführt wurde, bevor das Produkt zur Ausgabe freigegeben wird. Die Besonderheit dieser Lehranlage besteht darin, dass jedes Auto anders konfiguriert und als Einzelstück produziert werden kann: Es wird am Handy, Tablet oder PC nach Wunsch gemäß der Optionen Chassisfarbe, Räderbreite und Motorgröße zusammengesetzt. Von dort aus geht der Auftrag direkt an die Anlage, die in Echtzeit mit der Montage der gewünschten Kombination beginnt.
Industrielle Realität im Kleinen
Auch wenn die Lernfabrik nur Spielzeuge produziert, entsprechen Aufbau und Konzept den Anforderungen der produzierenden Industrie, in der die Losgröße 1 keine Zukunftsmusik mehr ist. Was die Anlage allerdings von industriellen Pendants unterscheidet: Zu Lehrzwecken wurden möglichst viele verschiedene Automatisierungskonzepte eingebracht, z.B. unterschiedliche Roboterkinematiken, Lineareinheiten, Pneumatik, Visionsysteme oder SPS-Steuerungstechnik. "Der kleinste eingesetzte Roboter wiegt lediglich 18kg. Das sind sehr kompakte Geräte, die für unser begrenztes Platzangebot gut geeignet sind", begründet Georg Seifriz, stellvertretender Schulleiter, die Wahl der Mitsubishi-Electric-Roboter. "Außerdem ist die einfache Programmierung für die Schüler ein toller Einstieg. Dabei handelt es sich um ganz normale Industrieroboter mit voller Funktionalität." Die Bildungseinrichtung setzt autark ebenfalls zwei Roboter des Unternehmens im Unterricht ein.
Einfache Programmierung und Inbetriebnahme
Die Lehrkräfte sind im Umgang mit der Programmiersoftware RT Toolbox3 von Mitsubishi Electric also bereits vertraut. Sie ist nicht nur auf beliebig vielen PCs installierbar, sondern ermöglicht auch die Einbindung von CAD-Daten, um die Umgebung zu simulieren. Hierdurch können mehrere Schüler zeitgleich offline und risikolos Programme ausprobieren und in 3D visualisieren. Dabei handelt es sich keineswegs um ein didaktisch aufbereitetes Lehrprogramm, sondern um das Standardpaket für die industrielle Anwendungt: "Die Software führt schnell zum Ziel", sagt Frank Kugler, technischer Lehrer an der Steinbeis-Schule. "Extra motivieren muss ich hierfür niemanden. Wenn wir an und mit der Anlage arbeiten, sind alle voll dabei." Gleichermaßen relevant für Lehre wie Industrie ist die einfache Inbetriebnahme der Roboter durch Einstecken einer Optionskarte, z.B. Profibus, in den Controller oder dem Anschließen von Ventilen für die Greifertechnik. Es entfällt so ein Großteil der manuellen Eingabe von Daten ebenso wie die Durchführung umständlicher Nullpunktfahrten. Auch die Teaching-Box zur Eingabe von Raumpunkten für den Roboter unterstützt eine schnelle Zielerreichung. Die intuitive Benutzerführung bei umfassender Leistungsfähigkeit erleichtert Neueinsteigern wie Profis sowohl die Robotersteuerung oder die Umsetzung von Diagnose- und Überwachungsfunktionen.
Offenheit als Grundvoraussetzung
Die Systeme von sind möglichst offen ausgelegt: Sie sind flexibel, erweiterbar, bieten viele Schnittstellen, kommunizieren per Ethernet direkt mit der Außenwelt und erlauben die Ausgabe von Betriebsdaten sowie die Ausstattung mit intelligenter Sensorik. Entsprechend ist die Lernfabrik in Reutlingen auch alles andere als statisch. "Sie lebt", sagt Seifriz und schwärmt bereits von geplanten Erweiterungen. "Wir stellen uns eine Lageranbindung mit automatischer Bestückung vor und die Virtualisierung der gesamten Anlage, indem wir einen digitalen Zwilling in die Cloud stellen. Dann können wir mit der Anlage auch direkt im Klassenzimmer arbeiten und z.B. Wartungsanwendungen realisieren." In den unterrichtsfreien Zeiten steht die Lernfabrik Mitsubishi Electric als Demonstrationsobjekt zur Verfügung. Damit kann das Unternehmen Kunden und Interessenten einen ersten Einblick in die automatisierungstechnischen Möglichkeiten der Zukunft geben.
Aus der Region für die Region
Neben vielen weiteren Unternehmen aus der Region war Mitsubishi Electric über seine Vertriebsniederlassung in Stuttgart an der Projektrealisierung beteiligt. Das Unternehmen steuerte die beiden Roboter bei und sponsorte das Vorhaben mit Partnern aus der Region, damit im Rahmen des Projektbudgets eine realitätsnahe Anlage gebaut werden konnte. Allerdings ging es nicht nur um Bereitstellung von Komponenten und Software, sondern auch um Koordination, das benötigte Knowhow und fortgesetzte Unterstützung. "Mit weltweit mehr als 1.800 in der Ausbildung für Robotik und Mechatronik eingesetzten Robotern haben wir international hier große Erfahrung", sagt Zielke. "Allein hier im Umkreis von 50km gibt es zehn Bildungseinrichtungen, die unsere Roboter einsetzen." Das sei auch dem Partner Festo Didactic zu verdanken, der in seinen Lehrinstallationen bevorzugt Roboter von Mitsubishi Electric einsetzt. Im Fall der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule kam die Firma Zeltwanger Automation als lokaler Partner und maschinenbaulicher Generalunternehmer zum Zuge. Der Automatisierungsexperte aus Dußlingen entwickelte in enger Zusammenarbeit mit der Schule die aus vier verketteten Automatisierungszellen bestehende Anlage. Die mechanischen Lineareinheiten wurden von HSB Automation geliefert. Bei der Vernetzung, Softwareintegration, Zellenkopplung und Inbetriebnahme hat Adiro Automatisierungstechnik viel beigetragen. In dieser Hinsicht betont Zielke auch den hohen Wert von aktiv gepflegten Partnerschaften und Kooperationsnetzen: "Wir sind sehr dankbar, dass wir diesen Partner-Pool haben. Nur mit einem solchen Verbund aus Kompetenzen und Fähigkeiten lässt sich eine Lösung wie diese Lernfabrik sinnvoll und professionell erarbeiten."
Eine im Unternehmensverbund realisierte Lehranlage soll die wesentlichen Merkmale und Ideen von Industrie 4.0 erlebbar machen. Dabei kommen auch zwei Industrieroboter mit unterschiedlichen Kinematiken zum Einsatz, die durch kompakte Bauweise, einfache Programmierung und Offenheit der Schnittstellen die Anforderungen von Schulumfeld und Industrie erfüllen. Ziel ist die Stärkung des lokalen Fachkräftemarktes durch eine möglichst praxisorientierte Ausbildung.
Seit rund einem Jahr verfügt die Reutlinger Ferdinand-von-Steinbeis-Schule über eine Lernfabrik. Dort wird ein Großteil der rund 2.300 Auszubildenden und Schüler mit digitalisierten Automatisierungsprozessen der modernen Industrie konfrontiert. Initiiert und wesentlich finanziert wurde dieser Lernort durch den Landkreis Reutlingen als Schulträger.
Mitsubishi Electric Europe B.V.
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 10 2019 - 01.10.19.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de