Modulare Kunststoff-Energieketten
Störungsfreie Versorgung mit Energie, Daten und Medien
Die Anforderungen an zeitgemäße Energieführungen sind hoch und äußerst unterschiedlich: Sie umfassen Verfahrwege zwischen ein paar Millimetern und mehreren hundert Metern sowie Umgebungsbedingungen vom Reinraum bis hin zum Kompostwerk. Viele Branchen fordern besondere Werkstoffe für ihre Fertigung und Prozesse wie leitfähige Materialien in der Elektronik oder Schutz gegen heiße und scharfkantige Späne im Werkzeugmaschinenbau. Mit dem Baukastensystem E2/000 und E4.1 hat Igus zwei Kunststoff-Energieketten entwickelt, die aufgrund ihrer Modularität und ausgefeilten Konstruktion nahezu alle Maschinen und Anlagen störungsfrei mit Energie, Daten und Medien versorgen.
Wenn Sebastian Burkart die Werkshalle betritt, ist es dort oft ungewöhnlich still. Die Maschinen stehen zwar an ihrem Platz; doch sie bewegen sich nicht. Was ihnen fehlt ist Strom: Ohne Energie keine Produktion. "An die Energiezuführung wird häufig erst zum Schluss gedacht. Denn sie ist ja ein Bauteil zwischen Elektronik und Maschine. Dann kann es schon mal vorkommen, dass der für die Energieketten benötigte Bauraum nicht mit eingeplant wurde", erläutert Burkart. Er ist Wirtschaftsingenieur und arbeitet im technischen Vertrieb bei Igus, einem weltweit führenden Anbieter von Baukasten-Programmen für Energieführungen aus Kunststoff. Burkart unterstützt Maschinen- und Anlagenbauer bei der Wahl des richtigen Energieführungssystems. Neben der Ausrüstung neuer Maschinen wird er auch gerufen, wenn Anlagen umgerüstet werden oder eine Alternative zum bisherigen System geplant ist.
Auf jeden Fall die richtige Energiekette
Dann stellt sich stets die Frage, welche Energiekette wohl die richtige ist: In 80% der Fälle passen zwei Energieketten-Familien aus dem Hause Igus in die Maschinen und Anlagen - die E2/000 sowie die E4.1. Beim Unternehmen aus Köln nennt man sie daher auch die "Alleskönner". Denn ihre Konstrukteure haben die meisten Anwendungsfälle bereits antizipiert: Dabei sind über 30 Jahre Forschung und Entwicklung in die beiden E-Ketten geflossen. Mittlerweile sind sie zu zwei großen Familien gewachsen, deren Serien in allen Industriezweigen eingesetzt werden. Namensgebend für die jeweilige Energiekette ist ihr Aufbau: Die E2/000 besteht aus zweiteiligen Kettengliedern. Sie ist kostengünstig und wird mit Innenhöhen von 21 bis 45mm bei leichten bis mittelschweren Anwendungen eingesetzt. Die E4.1 ist vierteilig und damit besonders variabel. Zudem ist sie aufgrund konstruktiver Details sehr robust, denn sie wurde für anspruchsvolle und höchste Belastungen konzipiert. Beide sind als klassische Energieketten konfigurierbar oder können als halb- oder ganz geschlossene Energierohre eingesetzt werden. Wie vielfältig die beiden Energieketten in ihrem Einsatz sind, zeigen die Einsendungen des Vector Award. Mit diesem Wettbewerb fordert das Unternehmen alle zwei Jahre Konstrukteure heraus, mutige Anwendungen mit Energieketten einzureichen. Dabei decken die Einsendungen vielfältige Einsatzmöglichkeiten ab: lange Verfahrwege, unterschiedliche, oft hohe Füllgewichte und widrige Umgebungsbedingungen wie Regen, Frost und Schnee. Die Anwendungen reichen von Kranen, über hydraulische Pressen, Lichtinstallationen und Bohrmaschinen bis hin zu Transporterlösungen. "Viele Branchen fordern besondere Werkstoffe für ihre Fertigung und Prozesse - abriebfeste Energieketten für Reinräume, leitfähige Materialien in der Elektronik oder Kunststoffrohre gegen anfallenden Holzstaub im Werkzeugmaschinenbau", erläutert Burkart den Auswahlprozess der geeigneten Energieführung.
Modularität ist Trumpf
Ein Grund für den universellen Einsatz der E-ketten E2/000 und E4.1 ist ihr modularer Aufbau. Unterschiedliche Bauformen, Größenvarianten sowie Innenraumaufteilungen lassen eine Vielzahl an Kombinationen zu: Der Befüllungsraum lässt sich mit Stegen und Einsteckböden variieren. Dabei sind die Kunststoff-Stege aufgrund des tribo-optimierten Werkstoffs besonders abriebarm, elastisch sowie beständig gegen Druck- und Zugbelastungen. Im Vergleich zu Aluminium können sie sich auch nicht dauerhaft verformen. Damit sich die Leitungen nicht überwerfen und aneinander reiben, trennen sowohl horizontal als auch vertikal Fach- und Zwischenböden große von kleinen Leitungen. Sorgfalt wurde zudem auf die Geometrie der einzelnen Teile gelegt - die Innenkontur der Kettenglieder ist glatt; die Öffnungsstege sind leicht abgerundet und führen die Leitungen schonend in der Kette. Zudem harmonieren die Werkstoffe der Ketten mit den Mantelwerkstoffen der Chainflex-Leitungen. Dieses Leitungsprogramm von Igus ist speziell für dauerbewegte Anwendungen und damit für lange Standzeiten der Energieketten entwickelt worden. Es umfasst derzeit 1.040 Leitungen ab Lager. Hochleistungskunststoffe zusammen mit der bestmöglichen Geometrie der einzelnen Teile bilden die entscheidenden Faktoren für ein langes Leben der Leitungen in E-Ketten. Die jeweilige Lebensdauer der Energiekette lässt sich online exakt berechnen. Das ist nur möglich, da Igus seine E-Ketten und Chainflex-Leitungen seit rund 20 Jahren im eigenen Testlabor prüft. Jährlich werden dort rund 2Mrd. Testzyklen an über 50 Versuchsanlagen ausgeführt. Die Ergebnisse fließen in eine Datenbank, auf deren Grundlage die Lebensdauer der Produkte exakt berechnet werden kann. Diese Funktion ist allen Anwendern über den Online-Konfigurator zugänglich.
Ein Baukasten - viele Anwendungen
Um einen besonders leitungsschonenden Innenraum zu erhalten, lässt sich dieser mit sechs unterschiedlichen Arten von Trennstegen und horizontalen Fachböden nach Belieben unterteilen. Darunter gibt es Trennstege mit einer besonderen Fußgeometrie für einen starken Halt, platzsparende, schmale Trennstege für viele kleine Leitungen sowie skalier- und rastbare Trennstege, die in 5mm-Schritten genau positioniert werden können und auch bei seitlich liegenden Energieketten einen festen Halt aufweisen. Dies spart Montagezeit und reduziert die Kosten. Das Programm der E4.1 bestimmt heute den Standard für Energieketten und E-Rohre bei Igus.
Vielseitig im Einbau: horizontal, vertikal und liegend
Die Energieketten können horizontal, vertikal und liegend, um 90° gedreht, eingesetzt werden, wie beispielsweise in einer hydraulischen Presse, die Löcher in Balken stanzt. Da sich die Presse sowohl vertikal als auch horizontal bewegt, müssen die Leitungen sicher geführt werden, damit sie nicht gequetscht werden. Um auch der hohen Beanspruchung in einer 90° gedrehten Einbaulage stand zu halten, ist in allen Kettengliedern eine seitliche Verschleißzulage eingebaut.
Geräuschbremse für leisen Lauf
Durch die besondere Kontur ihrer Glieder sind die Energieketten sehr laufruhig. Aus diesem Grund werden sie gerne in der Bühnentechnik - bei Musik- oder Theaterveranstaltungen - eingesetzt, denn die Aufführung wird durch das leise Abrollen der Kettenglieder nicht gestört. Ebenso hängen keine Strom- und Datenkabel im Weg, die die harmonische Gesamtoptik beeinträchtigen könnten, denn die Energieketten führen die Leitungen von den Verteilerkästen dezent zur Lichttechnik. Doch nicht nur in Gebäuden, zunehmend auch in Außenanlagen, wo die Wohnbebauung immer näher an das Gewerbe rückt wie beispielsweise bei Hafenanlagen, ist es wichtig, den Geräuschpegel so niedrig wie möglich zu halten. Aus diesem Grund sind in die Universal-E-Ketten sogenannte Bremsen eingebaut, welche die Geräusche beim Anschlag sowie beim Abrollen auf hartem Boden dämpfen. Das Konstruktions-Prinzip ist einfach, aber effektiv: Der keilförmige Radiusanschlag ist leicht abgeschrägt, sodass die Laschen der Kettenglieder sanft ineinander gleiten.
Montagefreundlich: Einfache und schnelle Befüllung
Maschinen sind häufig sehr platzsparend gebaut, sodass ein Herankommen an die Energieführung und ihre Befüllung sehr umständlich sein kann. In solch einem Fall ist es vorteilhaft, dass sich die Öffnungsstege der E2/000 nach rechts oder links öffnen lassen. Je nach Variante befinden sich die Öffnungsstege im Innen- oder Außenradius. In der geschlossenen Version als E-Rohr lassen sich die Deckel ebenfalls beidseitig aufschwenken und vollständig entnehmen. So können Leitungen und Schläuche immer schnell und einfach in die Kette gelegt werden - ob bei der Erstinstallation, dem Nachrüsten oder dem Austauschen von Leitungen. Im Falle eines hydraulischen Krans beispielsweise waren die Schläuche bislang nur schwer auszutauschen. Jetzt lassen sich die Bügel der dort eingepassten Kette der Serie 2700 schnell von links oder rechts öffnen.
Belast- und schwenkbare Stege
Zudem sind die Klappbügel um mehr als 180° aufschwenkbar. Wer jemals Energieführungen von oben montiert hat, weiß diesen Vorteil zu schätzen: Im 180° Winkel sind die Stege vollständig umgeklappt und können während der Befüllung der E2/000 nicht abbrechen und in die Tiefe fallen. Im geschlossenen Zustand hingegen sind sie fest in der Kette verankert und lösen sich auch im Betrieb nicht. Dabei halten sie je nach Serie Belastungen bis 700N stand. Dennoch lassen sie sich rasch mit dem Igus-Kettenöffner oder einem Schraubendreher öffnen. Zusätzlich können spezielle Erweiterungsbügel für Absaugschläuche in Holzbearbeitungs- oder CNC-Spezialmaschinen platzsparend an der Energiekette entlang geführt werden. So bleibt die eigentliche Energieführung klein und damit kostengünstig.
Bolzen-Bohrung-Verbindung
Werden Energieketten hängend eingebaut, wie beispielsweise im Aufzug des Bonner Post Towers, muss eine Energiekette besonders robust sein und hohe Zug-Schubkräfte aufnehmen können. Die starken Luftzüge und das hohe Füllgewicht erfordern dort eine zugfeste und sichere Konstruktion der Energiekette - daher fiel die Wahl auf den Einsatz der E2/000. Die hohe Stabilität haben die Igus-Ingenieure durch die große Bolzen-Bohrung-Verbindung und das Anschlagsystem in den Seitenteilen erreicht.
Gleichmäßige Kraftverteilung für große freitragende Längen
Durch ständiges Forschen und Entwickeln haben die Ingenieure zudem eine spezielle Form der Anschläge gefunden: Mit ihrer rechteckigen Geometrie erzielen die Energieketten noch größere freitragende Längen, da sich die Kraft im Vergleich zu runden Anschlägen gleichmäßiger verteilt. Bei der E4.1 wurden die Anschläge zusätzlich noch so angeordnet, dass sie mit dem Bolzen eine senkrechte Gerade bilden. Dadurch verteilt sich die Kraft auf drei Punkte, so dass Zug-Schubkräfte bis 7.000N und Zusatzlasten von 600kg/m aufgenommen werden können. Dabei sind die Anschläge verdeckt gebaut: Das schützt die Kette einerseits vor eindringendem Schmutz; andererseits verklemmt sich kein Kabel im Anschlag.
Innen-/Außenlaschen-Prinzip - auch ohne Vorspannung
Aufgrund ihres vierteiligen Aufbaus ist die Energiekette E4.1 die flexibelste aller Igus-Ketten. Aufgrund ihres umfangreichen Programms kann sie vielen Anwendungen angepasst werden: Es sind Innenhöhen von 21 bis 350mm und mithilfe von Mittellaschen Breiten bis zu drei Meter möglich. Der doppelte Verschluss der Öffnungsstege, der sich dennoch leicht mit einem Schraubendreher öffnen lässt, hält auch bei starker Befüllung der Kette die Leitungen und Schläuche in ihrer Bahn. Zudem verfügt sie über bautechnische Details wie den Wechsel von Innen- und Außenlaschen. Dadurch läuft die E-Kette E 4.1 sehr gerade und kann leichter montiert werden. Außerdem wird durch einfaches Drehen der Außenlasche die Vorspannung herausgenommen - vorteilhaft bei beengten Platzverhältnissen. Durch den sogenannten Hintergriff ist sie auch ohne zusätzliche Unterstützung sehr stabil in der Seitenlage auch ohne zusätzliche Unterstützung.
Ein Hintergriff für hohe Stabilität
Der Hintergriff ist ein konstruktives Kunststück: Indem sich die Kettenglieder ineinander verhaken, wird die E4.1 extrem torsionssteif und stabil. Diese Eigenschaft spielt beispielsweise bei einem Drei-Achs-Sattelpritschenauflieger, der speziell für Windkraftflügel entwickelt wurde, eine große Rolle: Das Fahrzeug kann mithilfe einer Dreifach-Teleskoppritsche von 20 auf 62m ausgezogen werden. Die in der Innenröhre des Teleskopsystems auf engstem Raum auf der Seite liegenden Energieketten sind beim Ausziehvorgang sehr großen Querkräften ausgesetzt, da eine Unterstützung nicht durchgehend möglich ist. Diese Kräfte werden durch den Hintergriff der E4.1 ausgeglichen. Der lange Verfahrweg sowie die hohe Befüllung mit Elektrik-, Brems- und Hydraulikleitungen stellen hohe Anforderungen an die E4.1: Beim Teleskopieren kommt es auf ein sicheres Führen der schweren Versorgungsleitungen an, da Ausfälle hohe Reparaturkosten nach sich zögen. Ferner muss sie ruckartige Bewegungen sowie Temperaturschwankungen aushalten. Die E4.1 erweist sich in diesem Extremeinsatz insgesamt als funktions- und standsicher.
Neue zweiteilige Energiekette
Auf der Hannover Messe 2016 stellte Igus mit der E2.1 eine neue Generation seiner zweiteiligen Energiekette vor. Sie besteht ebenfalls aus zwei Teilen: Einem Kettenglied und einem Öffnungssteg. Dieser lässt sich im Außenradius beidseitig mit einem Schraubendreher oder dem neuen Kettenöffner, der jeder Erstbestellung kostenlos beiliegen wird, öffnen und aufschwenken und im Anschluss auch komplett entnehmen. Per Hand lassen sich die Öffnungsstege einfach wieder verschließen. Mit einem Schraubendreher ist es bei dieser neuen Generation nun ebenfalls möglich, die Öffnungsstege von der Seite der Kettenglieder aufzuhebeln, was bei montierten Ketten und eingeschränkter Zugänglichkeit vorteilhaft ist. Eine weitere konstruktive Weiterentwicklung an der E2.1 ist die 'Bremse' am Anschlag der Kettenglieder. Diese sorgt für einen ruhigen Kettenlauf mit weniger Vibrationen und Geräuschen. Im Vergleich zur Vorgängergeneration ist die E2.1 dadurch rund 50% leiser. Die neue Serie E2.1 hat einen leitungsschonenden Innenraum, der im Vergleich zur E2/000 noch mehr Platz bei gleichen Außenabmessungen bietet. Passend zum Design des Innenraums der Kette bietet Igus Trennstege mit abgerundeten Kanten für eine lange Lebensdauer von Schläuchen und Leitungen. Für eine passgenaue Montage der Trennstege sorgt eine integrierte Rasterung in den Öffnungsstegen. Auf der Hannover Messe zeigt Igus die neue E2.1 mit einer Innenhöhe von 38mm und einer Innenbreite von 65mm. Weitere Varianten sowie eine im Innenradius zu öffnende Version werden in den folgenden Monaten ebenfalls entwickelt.
Die Anforderungen an zeitgemäße Energieführungen sind hoch und äußerst unterschiedlich: Sie umfassen Verfahrwege zwischen ein paar Millimetern und mehreren hundert Metern sowie Umgebungsbedingungen vom Reinraum bis hin zum Kompostwerk. Viele Branchen fordern besondere Werkstoffe für ihre Fertigung und Prozesse wie leitfähige Materialien in der Elektronik oder Schutz gegen heiße und scharfkantige Späne im Werkzeugmaschinenbau. Mit dem Baukastensystem E2/000 und E4.1 hat Igus zwei Kunststoff-Energieketten entwickelt, die aufgrund ihrer Modularität und ausgefeilten Konstruktion nahezu alle Maschinen und Anlagen störungsfrei mit Energie, Daten und Medien versorgen.
Wenn Sebastian Burkart die Werkshalle betritt, ist es dort oft ungewöhnlich still. Die Maschinen stehen zwar an ihrem Platz; doch sie bewegen sich nicht. Was ihnen fehlt ist Strom: Ohne Energie keine Produktion. "An die Energiezuführung wird häufig erst zum Schluss gedacht. Denn sie ist ja ein Bauteil zwischen Elektronik und Maschine. Dann kann es schon mal vorkommen, dass der für die Energieketten benötigte Bauraum nicht mit eingeplant wurde", erläutert Burkart. Er ist Wirtschaftsingenieur und arbeitet im technischen Vertrieb bei Igus, einem weltweit führenden Anbieter von Baukasten-Programmen für Energieführungen aus Kunststoff. Burkart unterstützt Maschinen- und Anlagenbauer bei der Wahl des richtigen Energieführungssystems. Neben der Ausrüstung neuer Maschinen wird er auch gerufen, wenn Anlagen umgerüstet werden oder eine Alternative zum bisherigen System geplant ist.
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igus GmbH
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 5 2016 - 13.05.16.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de