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Profilummantelung mit 35 Robotern

Revolutionäre Rüstzeiten

Der Prozess des Profilummantelns dient dem Schutz sowie der Aufwertung, z.B. von Fensterrahmen oder Möbelleisten. Die Profilumrüstung nimmt bei herkömmlichen Maschinen im Durchschnitt eineinhalb Stunden in Anspruch, das ist zeitaufwendig und erfordert Übung und Erfahrung. Ein Automatisierungskonzept mit 35 Knickarmrobotern oder mehr ist jedoch in der Lage, die Rüstzeiten auf nurmehr fünf Minuten zu verkürzen.

Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V.Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V.
Der Einsatz von bis zu 47 Knickarmrobotern verkürzt die Rüstzeiten der Ummantelungsmaschine RoboWrap der Firma Düspohl von durchschnittlichen 1,5 Stunden auf konstante fünf Minuten.

Der Prozess des Profilummantelns umfasst das Aufbringen von Folien, Papier oder Furnieren auf stangenförmige Grundkörper aus Kunststoff, Holz oder Aluminium. Diese Veredelung dient dem Schutz sowie der qualitativen oder ästhetischen Aufwertung von Profilen für Fensterrahmen, Möbelleisten und dergleichen. Während je nach Träger- und Kaschiermaterial unterschiedliche Materialien und Techniken verwendet werden, ist der eigentliche Ummantelungsprozess vom Prinzip her gleich: Hintereinander angeordnete, individuell einstellbare Andruckrollen unterschiedlicher Geometrien und Härtegrade pressen das klebstoffbeschichtete Ummantelungsmaterial auf die Oberfläche des Profils. Je komplexer die Geometrie des zu ummantelnden Profils, desto mehr Rollen sind an diesem Vorgang beteiligt.

Bild: Düspohl Maschinenbau GmbH
Die letztgelieferte RoboWrap ist mit insgesamt 35 Robotern von Mitsubishi Electric ausgestattet ?jeweils 15 an den Seiten und 5 oberhalb der Ummantelungszone über Kopf montiert. Eine baugleiche dazu befindet sich kurz vor der Auslieferung.

Verkürzung der Rüstzeiten

Die Profilumrüstung nimmt bei herkömmlichen Maschinen im Durchschnitt eineinhalb Stunden in Anspruch. Bei Geometrien, die sich erheblich vom zuvor gefertigten Produkt unterscheiden, kann es durchaus auch einen halben Arbeitstag dauern, bis mehrere Dutzend Rollen von Hand ausgewählt, begutachtet und millimetergenau mit dem richtigen Druck angestellt sind. Zudem ist der Prozess nicht nur zeitaufwendig, sondern erfordert sehr viel Übung und Erfahrung. So stellt die Aufrechterhaltung einer konsistenten Ummantelungsqualität, die ein Ablösen der Folie z.B. unter Witterungseinflüssen an Fensterrahmen ausschließt, die Hersteller immer wieder vor Herausforderungen. "Wonach die Kunden immer wieder gefragt haben, war eine Verkürzung der Rüstzeiten bei der Umstellung auf ein anderes Profil und so begannen wir in den frühen 2000er-Jahren, über Möglichkeiten der Automatisierung nachzudenken", sagt Uwe Wagner, Geschäftsführer der ostwestfälischen Firma Düspohl. Mit einer automatischen Positionierung der Andruckrollen war es aber nicht getan. Zunächst mussten vorbereitende Schritte wie der Auftrag des Haftvermittlers bei Kunststoffprofilen verbessert werden. "Mit der aktuellen RoboWrap haben wir jetzt aber sowohl für den Kunststoff- als auch den Holzsektor eine Maschine mit einer Rüstzeit von konstant fünf Minuten", sagt Wagner nicht ohne Stolz. Im Schnitt handelt es sich dabei um einen Output, der die Kapazitäten herkömmlicher, auch teilautomatisierter, Ummantelungsmaschinen zwanzigfach übersteigt.

Ummantelungsprozess mit 35 Robotern

Die letztgelieferte Ummantelungsmaschine ist mit insgesamt 35 Robotern von Mitsubishi Electric ausgestattet - jeweils 15 an den Seiten und fünf oberhalb der Ummantelungszone über Kopf montiert. Für noch komplexere Profile ist die Maschine auf bis zu 47 Roboter erweiterbar. Jeder Roboter entnimmt seine für den jeweiligen Profilbereich benötigte Rolle aus einem der insgesamt drei umlaufenden Kettenmagazine und begibt sich in die zugewiesene Andruckposition. Zur optimalen Produktführung stellen die seitlichen Roboter außerdem die Transportrollen auf die exakte Profilbreite ein. Nach jedem Ummantelungsprozess geben die Roboter alle Rollen zurück in die Magazine. Diese führen nun einen kompletten Umlauf aus, bei dem jede Rolle von einem Laserscanner vermessen wird. In diesem nur wenige Sekunden dauernden Vorgang werden mittels einer Ringcodierung an der Rolle verschlüsselte Eigenschaften über das Material und den Härtegrad gelesen und die Rolle auf einen Zehntelmillimeter genau in ihrer Form vermessen. All diese Daten werden einschließlich des aktuellen Steckplatzes in einer Datenbank abgelegt, die auf diese Weise jederzeit die Magazinbestückung exakt wiedergibt. Bereits seit 1982 arbeitet Düspohl mit SPS-Systemen von Mitsubishi Electric. Bei der aktuellen RoboWrap sind die kompakten und hochkonfigurierbaren Geräte der FX-Familie mit den entsprechenden I/O-Erweiterungen verbaut. Zudem wurde die neue Maschine mit der seit 2018 erhältlichen FR-Robotergeneration mit leistungsfähigerem Controller bestückt, deren Eigenschaften in der Massenanwendung des Maschinenbauers besonders zum Tragen kommen. Zum einen benötigen die neuen Modelle zum Erhalt der Drehgeberinformationen und Speicherspannungsversorgung keine Pufferbatterie, wodurch Wartungs- und Kostenaufwand für den Anwender entfallen. Zum anderen wird nur ein einziges flexibles Kabel aus dem Gehäuse herausgeführt, was das Verfahren der Roboter entlang der Längsachse der Maschine erleichtert. Dieses Verfahren ist notwendig, damit Roboter zwischen sich Raum schaffen können, um z.B. Heißluftgebläse in den Prozess einfügen zu lassen.

Bild: Düspohl Maschinenbau GmbH
Die RoboWrap ist mit insgesamt 35 Robotern von Mitsubishi Electric ausgestattet - jeweils 15 an den Seiten und fünf oberhalb der Ummantelungszone über Kopf montiert.

Maschineneinrichtung am Schreibtisch

Die Einrichtung des Profils erfolgt nicht mehr an der Maschine selbst, sondern bequem am Touchscreen an einer intuitiven grafischen Benutzeroberfläche. Hier wird der aktuelle Rollenfundus der Magazine in einer Leiste dargestellt, aus der nun der Ummantler die passende Geometrie auswählen und per Drag&Drop am Profil anstellen kann. Die Feinjustierung erfolgt dann mittels der Pfeiltasten oder auch später noch an der Maschine kabellos per Tablet. Die Programmierung eines neuen Profils ist ein einmaliger Vorgang. Soll dieselbe Stangenware zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt erneut verarbeitet werden, können die entsprechenden Einstellungen innerhalb von fünf Minuten reproduziert werden. In der softwareseitigen Realisierung des Gesamtprozesses spiegelt sich das maßgebliche Knowhow der Firma Düspohl wieder.

Automatisierungskonzept nur mit Robotern

Seit gut fünfzig Jahren baut die ostwestfälische Firma mit derzeit 55 Mitarbeitern Flächenkaschier- und Profilummantelungsmaschinen für die internationale Holz- und Kunststoffindustrie. Obwohl keine Referenzanwendung bekannt ist, bei der vergleichbar viele Roboter auf so engem Raum zusammenarbeiten, kam für das Automatisierungskonzept von vornherein nur eine Roboterlösung infrage, weil zum individuellen Einstellen der Rollen alle Freiheitsgrade benötigt werden. Die kompakte Bauweise der Mitsubishi-Electric-Roboter erwies sich dabei als Vorteil: "Traditionell wird bei der Ummantelung mit einem Rastermaß von 200mm gearbeitet und unsere leichten, kompakten Knickarmroboter mit 2kg Tragkraft waren mit 170mm Breite genau passend hierfür", sagt Holger Rabbe, Project Manager Industrial Automation bei Mitsubishi Electric.

Bild: Düspohl Maschinenbau GmbH
Die neue RoboWrap wurde mit der seit 2018 erhältlichen FR-Robotergeneration mit leistungsfähigerem Controller bestückt, deren Innovationen in der Massenanwendung des Maschinenbauers besonders zum Tragen kommen.

Umrüstungssdruck

Das Thema Qualität gewinnt durch den herrschenden Fachkräftemangel zusätzlich an Bedeutung. Die Einrichtung der Ummantelungsmaschine am Schreibtisch vereinfacht den Prozess ungemein. Zugleich setzt der Trend zu immer kleineren Chargen oder gar Individualfertigung Systemhersteller und Oberflächenveredler unter Druck. Anbieter, die in der Lage sind, der differenzierten Nachfrage mit häufiger Umrüstung wirtschaftlich nachzukommen, dürfen von einem massiven Wettbewerbsvorteil ausgehen. Trotz einiger Skepsis hinsichtlich der Machbarkeit stieß Wagners ehrgeizige Automatisierungsidee daher von Anfang an auf großes Interesse und Unterstützung.

Lösungen für Kollisionsverhütung und Kallibrierung

"Unabdingbar für den Erfolg war ein Partner, der uns bei Rückschlägen nicht im Stich lassen würde und Mitsubishi Electric hat sich von Anfang an so mit dem Projekt identifiziert, wie man es sich besser nicht wünschen kann", sagt Wagner. "Weil wir es in unserer Applikation mit untypischen, statischen Belastungen, aber auch Stoßlasten beim Hineinfallen der Roboter zwischen Ende und Anfang zweier Profilstangen zu tun hatten, hat man für uns umfangreiche Erprobungen durchgeführt. Bei der anschließenden optischen Vermessung waren die Harmonic-Drive-Getriebe aber alle tadellos in Ordnung." "Wir haben hier eine ganz außergewöhnliche Packungsdichte von Robotern und damit gewann das Thema Kollisionsverhütung an Brisanz. Bewährte Ausweichstrategien zur Verhinderung von Singularitäten führten in dieser Applikation zunächst zu Konflikten. Ein Team aus dem Mitsubishi-Electric-Werk im japanischen Nagoya hat dann hier vor Ort eine komplette Umprogrammierung vorgenommen und seinerseits wertvolle Erkenntnisse für die Produktentwicklung mit nach Hause genommen", sagt Rabbe. Eine weitere Herausforderung war der Umstand, dass die Roboter Absolutwerte bezogen auf einen durch die Transporträder definierten Nullpunkt anfahren müssen und dass permanente Kräfte auf sie einwirken. Um den sich daraus ergebenden Kalibrieraufwand im Rahmen zu halten, wurde in Zusammenarbeit mit Mitsubishi Electric und dem Fraunhofer-Institut in Paderborn eine Lösung entwickelt. Hierbei fahren die Roboter selbsttätig der Reihe nach auf den Dorn eines Sechsachssensors, der alle Kräfte, einschließlich Torsion, erfasst. Die gemessenen Werte werden verrechnet bzw. korrigiert und als Default-Werte wieder an die einzelnen Achsgelenke übertragen.

Der nächste Schritt: KI

Für die nahe Zukunft plant Düspohl, die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz auszuloten. So soll die Maschine lernen, aus von Hand vorgenommenen Korrekturen und Verbesserungen Algorithmen zu abstrahieren, sodass der mit CAD- oder gescannten Profildaten gefütterte Maschinenrechner selbstlernend mit immer besseren Ausgangskonfigurationen startet. Für diese Weiterentwicklung ist ab Herbst 2019 wieder eine Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut Paderborn geplant. Die mit der RoboWrap mögliche Kleinstserienfertigung wird nicht nur den Early Adopters einen Vorsprung am Markt verschaffen, sondern auch neue Applikationsbereiche und Märkte für die Oberflächentechnik erschließen, darüber sind sich Wagner und Rabbe einig.

Mitsubishi Electric Europe B.V.

Dieser Artikel erschien in ROBOTIK UND PRODUKTION 1 2019 - 26.03.19.
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